Die Liebe und die Selbstliebe
Da gerade ein Thread im Hauptforum gelaufen ist, der der sogenannten „Selbstliebe“ huldigt, wäre es doch schade, in der Gruppe „Liebe“ nicht darüber zu philosophieren.Das Konzept der „Selbstliebe“ fußt fast immer auf einer Enttäuschung, auf einem Scheitern, auf einer negativen Erfahrung. Das leugnet auch kaum einer der Anhänger. Zur Selbstliebe kam man, weil es einfach mit der „normalen“ Liebe nicht funktioniert hat.
Das ist jetzt nicht unüblich, dass Liebe vergeht, zerbricht, altert oder einfach (um es einmal mit der Wahrheit zu nehmen) ein neuer interessanterer Partner gefunden wird. Der Verlassene bleibt als Häufchen Elend zurück und braucht dringend etwas, um das Krönchen wieder zurechtzurücken.
Da kommt einem, Bridget Jones ick hör dir trapsen, eine neue Lebenshilfe gerade recht: Liebe dich selbst, dann kommt auch die („normale“) Liebe wieder zu dir, und- das ist der selling point dieser Lebensweisheit- du kannst nie mehr enttäuscht werden! Weil du, wenn es wieder schief geht, ja immer noch einen hast, der dich lieb hat. Genauuuu (im Sesamstraßen-Ton): dich selbst!
Die Bilder, die entworfen werden, sind putzig: Das des „inneren Kindes“, das „genährt“ werden muss, scheint besonders Frauen anzusprechen. Meiner Meinung nach ist es derselbe Unsinn, der auch in Motivationsbüchern drin steht. Der Trick basiert auf einem Irrglauben: Der Mensch als Menschmaschine. Will heißen, dass der Mensch sich selbst kontrollieren kann, d.h. sein eigenes Glücklichsein einfach erzeugen kann, wenn er es nur will.
Glaubt mir, ich habe wirklich Stunden vor dem Spiegel gestanden und auf mich eingeredet, wie toll ich bin. Das Ergebnis war katastrophal: Man fühlt sich zwar im ersten Moment benebelt, aber der Absturz kommt, sobald man wieder in den Alltag eintaucht. Aber ich will mich ja gerade im Alltag glücklich fühlen!
Das Glück kommt nun mal, wir müssen es uns eingestehen- auch wenn es sehr schmerzhaft ist- von den ANDEREN.
Wir werden glücklich, wenn uns andere gut finden, wenn andere uns anlächeln, wenn andere uns eine nette Mail schreiben. Das liegt glaube ich im Menschen verankert. Sonst würde man sich ja in sich selbst verlieben können. Und wenn wir Sex mit uns selbst haben, dann denken wir doch auch an den Anderen, mit dem wir gerne Sex hätten. Oder praktiziert hier jemand Selbstbefriedigung, indem er sich an sich selbst erregt (Oh bin ich heute wieder heiß…)?
Die ganze „Selbstliebe“ ist letztlich eine Sackgasse, weil sie uns sehr leicht ein Negativbild unserer Umwelt erzeugt. Sehr schnell landen wir in einem „Ich gegen den Rest der Welt“-Modus. Die Angst vor Enttäuschung macht uns egozentrisch.
Solche Sätze wie „Wir gehen beide unseren Weg, aber in dieselbe Richtung“ sind Augenwischerei. Sie bedeuten eigentlich: Ich zieh mein Ding durch und wenn du es mitmachen willst, ist es in Ordnung und wenn nicht, dann trennen sich unsere Wege.
Es ist eine „Liebe mit Ausstiegsklausel“. Und das hat nichts mit Liebe zu tun.
Wir sollten uns also entscheiden, ob wir in unserem Leben bereit sind, uns nochmal zu verlieben. Verlieben heißt de facto: sich verletzbar zu machen und wenn uns der andere täuscht, tierisch auf die Nase zu fallen.
Aber anders geht’s nicht. Das Grundprinzip der Liebe ist nunmal seine „weak points“ offen zu legen, weil man erst dann vertrauen kann.
Ziel kann es also nur sein, Menschen (also andere als uns selbst!!) zu finden, die uns mögen. Und wenn das nicht einfach ist, dann muss man weiter suchen. Liebe ist eine Zweisamkeit, ich muss nunmal einen Anderen dazu auftreiben.
Und das geht besser, je mehr ich mich nicht mit mir selbst beschäftige.
Ich muss nicht selbst glücklich sein. Ich darf unglücklich sein, wenn ich keinen Partner habe. Und ich darf das auch sagen (Ich muss ja nicht rumjammern, ein einfacher Satz genügt).
Also: ICH liebe mich NICHT selbst. Ich liebe jemand anderen und werde von ihm geliebt. Wie ist es mit euch?