Mit dem kurzen Text habe ich nicht beschrieben, wie Liebe meiner Meinung nach "sein sollte", sondern wie ich Liebe erleben durfte und inzwischen selbst zu geben versuche - ich meine damit, sich gegenseitig (soweit man es kann) bei der Entwicklung (oder besser: Entfaltung) zu helfen.
*******er58:
möchte ich glaube ich nicht so viel Verantwortung für einen anderen Menschen
übernehmen um herauszufinden, was dieser Mensch denkt, fühlt und braucht, wobei der / die Jenige sich selbst nicht öffnet. Da wünsche ich mir schon eher eine Liebe, in der alle Beteiligten sich offen zeigen und ihre Gefühle und Gedanken zeigen...
Es geht mir tatsächlich um die Gefühle und Gedanken, die der/diejenige selbst nicht kennt, weil er/sie sich nicht traut, sie überhaupt ins Bewußtsein hervorkommen zu lassen.
Also selbst wer sich zeigen will, kann dies wohlmöglich (noch) nicht.
Weil er/sie sich selbst belügt, weil er/sie sich vor sich selbst schämt, weil er/sie kein ausreichendes Selbstbewußtsein hat, weil er/sie mit anerzogenen Prinzipien kämpft etc. etc.
Und wer reifer ist (insgesamt oder nur in bestimmten Gebieten aufgrund partiell besserer Startchancen ins Leben oder aufgrund bestimmter bereits gesammelter Erfahrung) kann dabei dann unterstützen.
Das kann eine Coming-Out-Hilfe sein, z.B. habe ich in einer offenen Beziehung einem Partner Mut gemacht, sich seine homosexuellen Sehnsüchte einzugestehen ... nachdem mir auffiel, dass er mir in allen Pornos, die er mir zeigte (Hetero-Clips!) immer vor allem Schwänze in Groß-Aufnahme zeigte. Die Darstellerinnen waren in seinen Lieblings-Szenen kaum zu sehen.
Umgekehrt gab es einige Bereiche, in denen ich Minderwertigkeitskomplexe hatte und überzeugt war, nichts Besseres "verdient" zu haben - und er erlaubte mir andere Gedanken und übte mit mir auch Dinge wie Situationsanalyse und Rhetorik, bis ich mich besser behaupten konnte.
Das sind nur zwei von sehr, sehr vielen Beispielen. Bei anderen Menschen können die Stärken und Schwächen ganz anders aussehen.
Es geht nicht drum, mit einem zwanghaften Vorsatz unter ganz viel Such-Bemühung irgendwie "herauszufinden, was der Mensch braucht" - aber tatsächlich dann, wenn man etwas (z.B. in einer Partnerschaft im Laufe der gemeinsamen Zeit aufgrund der Intensität der Begegnungen) quasi zufällig bemerkt, wo der/diejenige tatsächlich Defizite (nicht aus eigener egoistischer Sicht heraus, sondern mit echtem Leidensdruck des Gegenübers) hat und wo man selbst "größer" ist, ihn/sie tatsächlich bewußt zu "tragen", bis er/sie in dem Bereich auf eigenen Füßen stehen kann. - Jetzt könnt ihr natürlich einwenden, dass vielleicht nicht jeder Mensch überhaupt Defizite mit Leidensdruck hat und auch, dass Liebe noch viel mehr als das ist, selbst wenn es so ist - aber das ist ja auch nur ein Aspekt, was Liebe aus meiner Sicht eben AUCH ist. Einige andere Aspekte hatte ich in früheren Postings schon geschrieben.
Liebe hat viele Facetten.
Den hier beschriebenen Aspekt nenne ich auch "jemandem ins Herz sehen" und dann auch die Seiten "aktiv lieben" (darüber hab ich in früherem Posting schon geschrieben - es geht um Annahme und Fürsorge z.B. als Hilfe-zur-Selbsthilfe oder manchmal sogar um bewußtes Nicht-Abwenden), was besonders bedürftig ist.
Das ist insofern keine zu übernehmende Verantwortung, weil es keine Pflichtaufgabe ist. Es ergibt sich daraus, dass man etwas sieht, weil man das Gegenüber so gut kennt und weil man aufmerksam ist - wenn man es eben aufgrund der Beziehungsgestaltung genug kennt und aufmerksam ist bzw. überhaupt aufmerksam sein kann - auch diesbzgl. kann es Defizite geben, dann ist die Liebe meiner Meinung nach nicht weniger echt, sondern nur weniger aktiv.
Es ist auch insofern keine zu übernehmende Verantwortung, dass man dem Gegenüber etwas anbietet und ihn/sie nicht zu seinem/ihrem Glück "zwingt". Die Verantwortung, das Angebot anzunehmen, bleibt dabei beim Gegenüber! Also kein "ich weiß, was für dich besser ist" sondern "ich glaube, du traust dich xyz nicht - könnte da was dran sein? es ist okay, wenn es so ist - du bist okay und ich werde nicht weggehen, wenn du diesen Gedanken fertigdenkst / diese Emotion zuläßt etc. " - ich finde, das ist schön.
Liebe ist -auch, nicht nur- Akzeptanz.
Oder zumindest: Liebe kann sich auch in Akzeptanz verkörpern. (Liebe kann sich auch in Begehren verkörpern, aber der Aspekt des Begehrens ist oft per se egoistisch, während der Aspekt der Akzeptanz eher altruistisch ist....) Liebe kann und darf verschiedene, sogar widersprüchliche, Aspekte beinhalten - solang man auch diesbzgl. die "Augen offenhält" und sich gegenüber fair (in einem ggf. individuell vereinbarten Rahmen) verhält.
Puh, das war jetzt sehr viel Text zur Erklärung eines Fünfzeilers ....